In Deutschland werden seit kurzem Influencer:innen wegen Urheberrechtsverletzungen auf Social Media im grossen Stil abgemahnt.
Doch was ist erlaubt, und was nicht?
Instagram und TikTok bieten allen Nutzer:innen die Möglichkeit ihre Videos mit wenigen Klicks mit Liedern von Eminem, Taylor Swift oder The Weekend zu untermalen.
Aus dem liesse sich schliessen: Wenn ich das kann, dann darf ich das auch. Richtig?
Jein.
Als Privatperson, darf ich das. TikTok und Instagram kümmert sich dabei um die Nutzungsrechte und hat dafür Deals mit den Lizenzgeber:innen.
Als Unternehmen darf ich das nicht. Auch das dürfte die wenigsten überraschen. Sonst könnte jedes Unternehmen einfach Werbung mit weltberühmten Liedern machen, ohne dass die Künstler:innen das OK geben oder dafür bezahlt werden.
Was ist nun aber mit Influencer:innen?
Indem Influencer:innen Waren und Dienstleistungen anbieten und über ihr Social Media Profil bewerben, nehmen sie damit regelmässig geschäftliche Handlungen zugunsten ihres eigenen «Unternehmens» vor. Und damit gilt jeder Beitrag auf ihrem Profil als kommerziell - auch diejenigen, die ohne Kooperationspartner stattfinden. Denn jeder "nicht-Werbebeitrag" dient ja wiederum dem Aufbau der Community und des eigenen "Brands" und damit dem "Unternehmen".
Ob Influencer:innen zu diesem Zweck eine eigene Firma gegründet haben, oder dies als Selbstständigerwerbende abrechnen – spielt dabei keine Rolle.
Für Influencer:innen stellt dies ein grosses Problem dar: Denn die Sounds, die den Stil auf Social Media prägen, sind für sie somit nicht mehr risikofrei nutzbar. Die "Sprache", die sie auf Social Media "sprechen", dürfen sie damit nicht mehr verwenden.
Wer also keinerlei Risiko mehr eingehen möchte, müsste somit auch alle alten Posts löschen, bei denen lizenzierte Musik verwendet wurde.
Nun kann es aber sein, dass in den Werbedeals mit Kund:innen drinsteht, dass die Beiträge für eine gewisse Dauer nach der Veröffentlichung sichtbar bleiben müssen. Löschen die Influencer:innen diese nun, begehen sie Vertragsbruch.
Löschen die Influencer:innen die Beiträge aber nicht, laufen sie Gefahr abgemahnt zu werden – denn die Lizenzrechte besitzen sie ja nicht.
Für diese fehlenden Lizenzrechte haften in der Regel - richtig geraten: die Influencer:innen – und nicht die Agenturen oder Kooperationspartner:innen.
Willkommen in der Rechts-Sackgasse.
Was bleibt ist das Gespräch mit Agenturen und Kooperationspartner:innen zu suchen. Und in Zukunft nur noch mit lizenzfreien Sounds zu arbeiten – und eine gute Rechtsschutzversicherung abzuschliessen. Die schützt zwar nicht mehr rückwirkend, also für Abmahnungen von Beiträgen, die bereits vor Versicherungsabschluss publiziert waren, aber sie können bei zukünftigen Problemen helfen. (Bestes Investment ever – trust me).
«Risikofreie» Musik für Social Media
Machen wir erst noch einen Schritt zurück: Welche Musik ist den urheberrechtlich geschützt? Als Faustregel gilt: Alles, was auf Spotify und Co. (früher im Radio) läuft, ist geschützt. Ausser die Urheber:innen sind seit mehr als 70 Jahren verstorben. Wie beispielsweise Mozart.
Wer nun aber trotzdem ein solches Lied verwenden möchte, kann dafür auch einfach eine Lizenz erwerben. In der Schweiz läuft dies über die SUISA.
Doch zurück zu den Musikstücken, die frei verwendet werden können:
Auf Instagram
1. Gehe auf die Facebook Sound Library und wähle einen Song aus.
2. Downloade den Song und verwende ihn für dein Video.
3. Dann lade das Video bei Instagram hoch. Der Song wird jetzt als Original-Ton von dir angezeigt.
Alternativ kannst du auch den Song, welchen du in der Facebook Sound Library ausgewählt hast, direkt auf Instagram suchen und für dein Video verwenden.
Auf TikTok 1. Öffne die TikTok Sound Collection und logge dich mit deinem Profil ein. 2. Suche deine passende Musik raus 3. Bearbeite dein Video und suche nach deiner ausgewählten Musik auf TikTok 4. Poste es anschliessend auf deinem Account
Musikdatenbanken
Daneben gibt es auch Musikdatenbanken, bei denen eine gewisse Auswahl kostenlos zur Verfügung steht oder die erforderlichen Nutzungsrechte schon mit kleinen Budgets gekauft werden können. Dazu gehören:
Dann gibt es auch Titel, die unter einer kostenlosen „Creative Commons Lizenz“ angeboten werden. Aber auch hier muss einiges beachtet werden. Denn einige Lieder dürfen nur für private Zwecke kostenlos verwendet werden oder die Urheber:innen bestehen darauf, dass sie namentlich genannt werden. Deshalb immer die Lizenzbedingungen auf den jeweiligen Plattformen erst sorgfältig durchlesen.
Was passiert, wenn dennoch geschützte Musik für Social Media Beiträge verwendet wurde?
Die Social-Media-Plattform selbst kann den Beitrag löschen oder bei wiederholten Verstössen das Profil sperren.
Des Weiteren können die Lizenzinhaber:innen die Influencer:innen abmahnen und dabei einen Schadenersatz sowie die Erstattung der Abmahnkosten fordern. Dort können die Summen schnell im fünfstelligen Bereich liegen.
Was also tun?
Grundsätzlich gilt: Wo keine Kläger:in, da keine Richter:in.
Urheberrechtsverletzungen passieren am Laufmeter – bereits jede Instagram-Story von einem Konzert, stellt eine Urheberrechtsverletzung dar. Wenn nun wirklich alles abgemahnt wird, was abgemahnt werden kann, dann dürfte das Internet bis Ende des Monats halb leer sein.
ABER: Dass heisst nicht, dass Anwälte, die nun das grosse Geschäft wittern und fleissig die Abmahnwellen – wie in Deutschland – lostreten, im Recht sind. Die Strafen müssen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch wirklich bezahlt werden.
Wer also ganz auf Nummer sicher gehen möchte, löscht alle Beiträge, die davon betroffen sind.
Die meisten werden aber wohl einen Mittelweg gehen und dabei selbst entscheiden müssen, wie hoch sie das Risiko aktuell einschätzen.
Für den Schweizer Markt, haben wir leider noch keine Grundlage, um hier eine verlässliche Einschätzung geben zu können. Gerne halten wir euch aber auf dem Laufenden.
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