Erstmal sorry fürs Clickbaiting, aber es war einfach zu naheliegend 😉
Der Präsidentschaftswahlkampf in den USA zählt zweifelsfrei zu den polarisierendsten politischen Ereignissen unserer Zeit. Die ganze Welt blickt in Richtung dieses Spektakels, das die vermeintliche Spitze der demokratischen Meinungsbildung darstellt. Doch erst ein Blick zurück.
Die Wahlen 2016 boten alles, was es für gute Unterhaltung (und Zweifel an Demokratie, Medien und Menschheit im allgemeinen) braucht: Einen Datenskandal nie dagewesenen Ausmasses, die Einmischung ferner Länder in den eigenen Wahlprozess, Fake News und wie in jedem guten Unterhaltungsformat ein paar alt bekannte Figuren, die fünf Staffeln später plötzlich wieder auftauchen. Während Hillary Clinton diesen letzten Part übernommen hatte, dürfen wir natürlich die Hauptfigur nicht vergessen: eine milliardenschwere Reality-TV-Persönlichkeit, die von der Witzfigur zum mächtigsten Mann der Welt emporsteigt.
Trotz der weitverbreiteten europäischen Ratlosigkeit über die politische «Entwicklung» in den USA scheinen viele Amerikaner nach wie vor hinter der Politik ihres Präsidenten zu stehen. Während der republikanische Kandidat gesetzt scheint, scharren die Demokraten mit ihren Hufen in den Startlöchern.
Doch wie führt man nach Cambridge Analytica in Zeiten von Social Media einen Wahlkampf?
Trump selbst setzt dabei seit Jahren konsequent auf Twitter. Mehrmals täglich gibt es dort Updates, mal mehr mal weniger offiziell. Was so manchen Kommunikationsberatern Schweissperlen auf die Stirn treibt, kommt an: Kommunikation in Echtzeit, unzensiert.
Die aktuellen Kandidaten müssen sich auch auf neuen Kanälen beweisen, denn bis spätestens Juni wird der demokratische Kandidat bestimmt, der im November gegen Trump antreten wird.
In der klassischen Presse lesen wir so täglich vom unabhängigen Sozialisten Sanders, der reichen Harvard-Professorin Elizabeth Warren und dem früheren Vizepräsidenten Biden aka König der Memes, welcher lange als Favorit galt.
Doch ersten Umfragen zufolge führt der hierzulande noch unbekannte Pete Buttigieg. Auf dem aktuell sechsten Platz findet man den früheren New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg. Dieser finanziert seinen Wahlkampf ausschliesslich aus eigener Tasche. Um sich für die vielbeachteten Fernsehdebatten qualifizieren zu können, müsste er jedoch Spenden von mindestens 225’000 Donatoren sowie die Unterstützung von mindestens 5 Prozent in vier nationalen Umfragen unter Sympathisanten der Demokratischen Partei vorweisen.
Also folgt Bloomberg dem Beispiel vieler Marketers: Er setzt auf Influencer statt auf TV.
Doch wer nun denkt das Wort Influencer ersetzt den Schlagzeilen zuliebe die Celebrety Endorsements – der irrt. Zwar ist die öffentliche Unterstützung bekannter Stars wie Ariana Grande (für Bernie Sanders) oder Sharon Stone (für Pete Buttigieg) keineswegs in ihrer Wirksamkeit zu unterschätzen, doch Bloomberg arbeitet mit Influencern, wie es sich das 21 Jahrhundert schon immer gewünscht hatte: Mit einer gehörigen Portion Humor und Selbstironie.
Der bekannte Comedy-Account fuckjerry mit rund 14.9 Millionen Follower* postete am Donnerstagmorgen nun diesen Beitrag.
*Der Account hat seit dem Beitrag vom 13. Februar eine Million Follower gewonnen. Das Geschäft scheint sich somit gleich doppelt für den Meme-Account gelohnt zu haben.
Was erst wie ein unscheinbares Statiereshäppchen daher kommt, entpuppt sich in der Caption als klassisches Werbegeschäft.
Auf Anfrage hat seine Pressesprecherin Sabrina Singh bestätigt, dass Bloomberg als Teil der Wahlkampfstrategie derzeit aktiv mit rund 18 Meme-Influencern, die gemeinsam ein Following von rund 60 Millionen haben, in den USA zusammenarbeitet. Zum Vergleich: Kylie Jenner hat alleine 162 Millionen Follower.
Neben vergleichsweise wenigen kritischen Stimmen, welche die gekaufte Aufmerksamkeit und Wahlbeeinflussung ankreiden, kommt dieser Schachzug auf Social Media gut an. So bieten sich promt die nächsten Influencer für die Zusammenarbeit an, wie der Beitrag von mba_mikey zeigt, welcher nur wenige Stunden später veröffentlicht wurde.
Wer die Präsidentschaftswahlen verfolgt weiss, hier wird nichts dem Zufall überlassen. Wenn ein Kandidat nun auf Influencer setzt, muss dahinter mehr als nur ein verzweifelter Versuch «en vogue» zu sein stecken.
Wieso setzt Bloomberg auf Social Media Influencer?
Ein Social Media Influencer definiert sich dadurch, dass er mit seinen täglichen Inhalten in Form von Texten, Bildern oder Videos eine Community unterhält. Diese Unterhaltung kann informativ, unterhaltsam oder inspirierend sein. Ist der Social Media Influencer gut darin, folgen ihm bald weitere Leute, die sich für seine Inhalte interessieren. Daraus entsteht eine Wertegemeinschaft. Die gemeinsame Lebensphilosophie, gemeinsame Interessen oder der gemeinsame Humor führen zu einer gewissen Verbundenheit.
Dieses Phänomen lässt sich auch bei Amazon Bewertungen, Google Reviews oder den Kommentaren auf Plattformen wie TripAdvisor beobachten. Wir kennen diese Menschen zwar nicht persönlich, die diese Bewertungen geschrieben haben, aber in der Masse wecken sie bei uns ein bisschen Vertrauen und führen dazu, dass wir uns bis zu einem gewissen Grad auf sie verlassen oder uns zumindest daran orientieren. Genau so funktioniert auch Influencer-Marketing.
Als politischer Kandidat suche ich mir also Influencer, die eine Wertegemeinschaft aufgebaut haben, die mit meinen Positionen übereinstimmen.
In der Schweiz gibt es hierzu bereits mehrere Beispiele für Initiativen im Bereich Tier- und Klimaschutz. So bleibt es nicht länger eine theoretische Fragestellung, ob Influencer-Marketing in der politischen Meinungsbildung mitmischt – dieses Instrument gehört nun zum Inventar.
Influencer, die sich auf ihren Kanälen regelmässig mit diesen Themen auseinandersetzen, haben eine Community, die entsprechend empfänglich für diese Anliegen ist. Richtig platzierte Zusammenarbeiten können eine Community nicht nur informieren, sondern im besten Fall auch mobilisieren.
Und auf genau diesen Effekt setzt Bloomberg für die Wahlen 2020. Während die Wähler meist mit einer grossen Portion Wut und Angst an die Urnen getrieben werden, versuchte es Obama mit Hoffnung, und gewann.
Hoffen wir, dass im Zeitalter des Misstrauens Humor die effektivste Gegenwaffe ist.
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